Postoperativer Stimmstörungen nach Kehlkopfteilresektion
– Das Göttinger Konzept
Nach der operativen Entfernung von bösartigen Tumoren im Kehlkopf, bei denen organerhaltend operiert werden konnte, ist die Stimmfunktion im Anschluss an diesen Eingriff immer beeinträchtigt. Das liegt daran, dass durch den operativen Eingriff immer Vernarbungen entstehen, weil in unterschiedlichem Ausmaß Kehlkopf-Strukturen entfernt wurden.
Vernarbungen beeinflussen die Schwingungsfähigkeit der Stimmlippen oder der alternativ stimmbildenden Strukturen. Fehlende Substanz, z.B. der Stimmlippen, wirkt sich immer auf den Stimmlippenschluss aus. Dies beides – Schwingungsfähigkeit und Schlussqualität der stimmbildenden Strukturen – bestimmen, wie klar oder behaucht und rau eine Stimme ist.
In der Regel tritt nach der Kehlkopfteilentfernung eine ausgeprägte Heiserkeit auf, sowie ein stark eingeschränkter Stimmumfang, gepaart mit stark eingeschränkter Belastbarkeit, fehlender Lautstärkesteigerung und ausgeprägten Missempfindungen.
Da die stimmlichen Einschränkungen auch nach Abschluss der Therapie bleiben werden, wird die Stimmgebung als „Ersatzphonation“ oder „Ersatzstimmgebung“ bezeichnet.
In der logopädischen Therapie wird eine möglichst optimale Ersatzstimme entwickelt und trainiert – in Abhängigkeit davon, welche Reststrukturen nach der OP erhalten sind.
Je nach Operationsausmaß kann es sein, dass die Stimmgebung mit den Stimmlippen nicht mehr möglich ist, bzw. hierbei die Stimme tonlos oder hochgradig heiser bleiben wird. Dann ist es sinnvoll supraglottische (oberhalb der Stimmlippen liegende) Strukturen als Stimmgebungsebene zu entwickeln und trainieren.
Intensives Training verbessert die Schwingungs- und Schlussfähigkeit der stimmbildenden Strukturen, so dass sich tonale (klangvolle) Anteile verstärken können und damit einhergehend der Stimmklang, die Tonhaltedauer, die Leistungsfähigkeit, das Stimmvolumen, die Melodieführung beim Sprechen und die Stimmlage regulieren, bzw. verbessern können.
Durch die verbesserte Stimmfunktion und Stimmleistungen können die Patientinnen und Patienten wieder aktiver und wirkungsvoller am Kommunikationsgeschehen – privat wie beruflich – teilhaben.
Das Göttinger Konzept
Im Rahmen eines Nachsorgeprojektes (1993-1999) der Deutschen Krebshilfe e.V. wurden in der Abteilung für Phoniatrie an der Uniklinik Göttingen organ- und funktionserhaltend operierte Patienten mit Kehlkopfkarzinomen behandelt. Dabei wurde auf Grundlage der „Funktionalen Stimmtherapie“ (Kruse) das therapeutische Vorgehen weiter differenziert und bezüglich der postrehabilitativen Besonderheiten ein eigenes logopädisches Konzept (Bender-Clausen) spezifiziert.